Radwoche in den Pyrenäen


 

Auf den Spuren der Tour de France.

Radfreunde Obernzell in den Pyrenäen.

Das besondere Highlight im Terminkalender der Radfreunde Obernzell war heuer ein einwöchiger Rennradtrip in den Pyrenäen. 29 Rennradler begaben sich optimal vorbereitet durch Tourenwart Willi Wühr zu den aus der Tour de France bekannten Pyrenäenpässen und Bergankünften. Vom ersten Stützpunkt Lourdes aus erklommen sie den Solour, den Aubisque und den König der Pyrenäenpässe, den Tourmalet sowie den Col de Tramassel in Hautacam. Zur Überfahrt von Lourdes zum zweiten Stützpunkt, dem Kurort Luchon, strampelten sie über den Aspin und Peyresourde. Von Luchon aus wurden Superbagnes, der Col d’Mente, der Col d’Aspet, der Col d’Azet und das Pla d’Adet bezwungen. Bei herrlichem Wetter und hervorragenden Ausblicken legten die Radler bis zu 13744 Höhenmeter bzw. 629 Kilometer auf ihren Rennrädern zurück. Diese Leistung übertrafen die Extremradler Hans Bauer und Andi Kunkel, indem sie die 2015 Kilometer Anreise und 16000 Höhenmeter von Obernzell nach Lourdes bei teils kräftigem Gegenwind und Regen mit dem Rennrad unternahmen. Insgesamt legten sie innerhalb 14 Tagen 2644 km und ca. 30000 Höhenmeter zurück. Die Vereinsmitglieder waren sich einig, dass dies nicht der letzte Radausflug dieser Art war – als nächstes Ziel werden schon die Bergetappen der Tour der Suisse gehandelt.

Ritchy´s Tagebuch

 

1. Tag: Anfahrt nach Lourdes

 

Um 09:00 begann für 25 Radfreunde des RF Obernzell die lang erwartete Reise in die Französische Pyrenäen nach Lourdes. Ca. 1.600 km waren insgesamt zurückzulegen. Auf der Fahrt dorthin machten wir unter anderem auch Station in Lausanne (Schweiz), wo wir den letzten Teilnehmer Horst Straubinger aufnahmen. Nach einigen Erläuterungen und Hilfestellungen konnte unser 1. Busfahrer Steffen dem 2. Busfahrer Max das Lenkrad übergeben.

Ca. 60 km vor dem Ziel hatten wir einen außerplanmäßigen Stopp einzulegen. Dabei stellte Steffen fest, dass der Dieselfilter gewechselt werden mußte. Nach einer halben Stunde konnten wir aber dann die Weiterfahrt aufnehmen, um dann gegen 08.30 Uhr endlich am Zielort in Lourdes anzukommen. Als letztes Hindernis gestaltete sich noch die Suche nach unserem Hotel „Stella Matutina“.

 

2. Tag: Lourdes – Col de Tramassel (1.635 hm) - Lourdes

 

Nachdem wir endlich eingecheckt und uns mit einem Frühstück versorgt hatten, konnten wir gegen 11.00 Uhr unsere 1. Ausfahrt in Angriff nehmen. Das Ziel war dabei der Col de Tramassel auf 1.635 hm. Schwierigkeiten bereitete uns lediglich das Finden der richtigen Wegstrecke. In der Ortschaft Ayros-Arbuoix begann der eigentliche Aufstieg nach Hautacam zum Col de Tramassel. Dabei waren 17 km Bergstrecke mit durchschnittlich 6,8 % Steigung zu überwinden. Bei einigen Fahrern war die Anstrengung der Busfahrt noch spürbar. Als Erster auf dem Hochplateau war Hans-Günther Bauer vor „Gastfahrer“ Johannes Stemplinger. Es folgten Bernd Urmann und Reinhold Koch. Der Col de Tramassel wurde übrigens 1994 bei der Tour de France als Erstbezwinger von Luc Leblanc überwunden. Nachdem wir die ersten tollen Eindrücke gesammelt hatten, begaben wir uns wieder auf die Rückfahrt. Die rauschende Abfahrt hinunter und den selben Weg zurück ging es wieder nach Lourdes.

 

3. Tag: Lourdes – Col du Soulor (1.365 hm) – Col d`Aubisque (1.709 hm) – Lourdes

 

Bei herrlichem Sonnenschein ging es um 9:00 Uhr los zu unserer zweiten „Ausfahrt“ mit der Überwindung des Col d´Aubisque. Der von uns aufgrund seiner Französischkenntnisse zum Tourguide erklärte Johannes Stemplinger hatte tags zuvor den Streckenverlauf studiert. Dieses Mal hatten wir keine Schwierigkeiten mit der Streckenführung, und Vorstand Erwin Leidl sorgte für eine disziplinierte Fahrweise. Als kleines Hindernis erwies sich bei der Anfahrt der Wochenmarkt in Argeles. Nachdem wir diesen durchquert hatten, befanden wir uns schon auf der Route d´Aubisque. Diese führt direkt zum Col de Soulor auf 1.365 hm und von dort weiter zum Col d´Aubisque mit 1.709 hm. Landschaftlich soll dieser laut Aussagen einer der eindrucksvollsten Pyrenäenpässe sein. Und tatsächlich konnten wir uns im Aufstieg davon überzeugen. Eine nahezu unberührte Bergwelt mit Schafen, Eseln, Haflingern, Steinadlern und jeder Menge Kühen begleitete uns dabei. Herbert Kasberger und seine Konsorten kamen mit einer Frau aus Thüringen freudestrahlend gemeinsam auf dem höchsten Punkt an. Nach einer kurzen Einkehrpause folgte noch ein „internationaler“ Fototermin mit Kaliforniern und Schotten. Bevor wir uns auf die bevorstehende Abfahrt auf der Westseite begaben, tauchte aus dem Nichts plötzlich Heinrich Detzer auf dem Gipfel auf. Wegen Schwierigkeiten mit seinem „GPS“ war er uns alleine gefolgt. Es folgten nun fast 17 km „rauschende“ Abfahrt nach Laruns. Mit Unterstützung des starken Westwindes kamen wir gegen 17.00 Uhr zufrieden in Lourdes wieder an. Auch dieser Tag ging ohne Pannen an uns vorüber.

 

4. Tag: Lourdes – Col du Tourmalet (2.115 hm) – Lourdes

 

Leichte Bedenken machten sich beim Frühstück breit. Die ganze Nacht hatte es geregnet! Aber Gott sei Dank verzogen sich die letzten Regenwolken. Wir zogen es vor, den Start wegen regennasser Fahrbahn um eine halbe Stunde auf 09:30 Uhr zu verschieben. Gleich nach dem Start gab es eine Schrecksekunde: Max Höfler zog es bei der Umfahrung des Lieferwagens vor, auf die Bürgersteigseite auszuweichen. Dabei wurde ihm ein Gullydeckel mit Längsrillen zum Verhängnis. Ein Überschlag war daraufhin unvermeidbar, aber glücklicherweise ohne ernsthafte Verletzungen für ihn. Bei der Anfahrt hatte zuerst Rudi Erhard und kurze Zeit später Josef Kühberger eine Reifenpanne. Hoffentlich war das alles kein schlechtes Omen, da auch noch der Tourmalet wegen Nebels nicht sichtbar war. Aus dem Gavarnie-Tal heraus begann schließlich von der Ortschaft Luz-Saint-Sauveur aus der eigentliche Westanstieg. Insgesamt 19 km mit durchschnittlich 7,4 % galt es nun zu überwinden. Der zum Teil rauhe Straßenbelag machte es nicht gerade leicht, den König der Pyrenäenpässe zu bezwingen. Wegen anhaltenden Nebels war der Col de Tourmalet auch im Aufstieg nicht sichtbar. Einzeln oder auch in kleinen Gruppen trafen die Fahrer oben am Gipfel auf 2.115 hm an. Hans Bauer und Andreas Kunkel hatten übrigens den Aufstieg von der Ostseite aus in Angriff genommen. Jetzt verzog sich auch noch der Nebel und wir genossen die freie Sicht auf die beeindruckende umliegende Bergwelt Natürlich durfte das legendäre Gruppenfoto mit dem stilisierten Radrennfahrer aus Metall nicht fehlen. Schließlich ist dieser der einzige, der nie mehr von diesem Gipfel herunterkommen wird. In der Gastwirtschaft befinden sich jede Menge Erinnerungsfotos von großen Radsport-Momenten, die sich am Col du Tourmalet abgespielt haben.

Rechtzeitig zur bevorstehenden Abfahrt zog auch wieder der Nebel auf. Gleichzeitig blies ein kalter Wind über den Bergpaß, was die Abfahrt zu einer kühlen Angelegenheit machte. Dabei hatten wir auch noch eine Pferdeherde zu überholen. In der Ortschaft Pouzac Juncalas (ca. 20 km vor Lourdes) bildeten sich zwei Gruppen, da eine alternative Route mit hügeligem Gelände angeboten wurde. Kurz vor Lourdes hatten wir noch eine letzte Reifenpanne von Herbert Kasberger. Es wurde lediglich das Hinterrad gewechselt, wodurch sich die Ankunft in Lourdes nur geringfügig verzögerte. Und wieder ging ein beeindruckender Tag zu Ende.

 

5. Tag: Lourdes – Col d`Aspin (1.489 hm) – Col de Peyresourde (1.569 hm) – Bagneres-de-Luchon

 

Zum Abschied aus dem Wallfahrtsort Lourdes wollten wir uns gemeinsam von der Grotte der heiligen Bernadette verabschieden. Mit den Fahrrädern wurden uns aber seitens der Security der Zugang verwehrt. So traten wir die Überführungsetappe nach Bagneres-de-Luchon ohne den kirchlichen Segen an. Der Himmel zeigte sich abermals wolkenlos und somit stand uns wieder ein erlebnisreicher Tag bevor. Diesmal teilten wir uns bei der Abfahrt in zwei Gruppen auf und machten uns auf den Weg Richtung Col d`Aspin. Die Anfahrt glich anfangs den umgekehrten Weg des Vortages. Von Sainte-Marie-de-Campan ging es in das Seitental des Adour de Payolle, wo auch bereits der Anstieg zum Col d`Aspin auf 1.489 hm begann. Stämmige Nadelbäume und somit auch größtenteils Schatten prägen die Westauffahrt mit insgesamt 12 km Länge. Wir befinden uns auf dem niedrigsten jener vier klassischen Tour-Pässe, die seit 1910 die Geschicke der Frankreich-Rundfahrt maßgeblich beeinflusst haben. Oben angekommen wurden mit Blickrichtung nach Osten die kantigen Gipfelpyramiden jenseits des Aure-Tals sichtbar. Ein besonderes Schmankerl leistete sich Busfahrer Steffen, der die Überführungsfahrt ebenfalls auf gleicher Route bewältigte und uns oben auf dem Gipfel bereits erwartete. Ein abschließendes Gruppenfoto vor dem Bus durfte natürlich nicht fehlen. Nun stand noch der Col de Peyresourde auf dem Programm. Es galten nun insgesamt etwa 650 Höhenmeter auf 1.569 hm zu überwinden. Dabei zeigten die Spitzenfahrer erste Ermüdungserscheinungen, sodass viele Fahrer einzeln oben am Gipfel ankamen. Erschöpft aber glücklich genossen wir in der kleinen Hütte eine Spezialität des Hauses, nämlich Crepes mit frischem Honig. Es folgte nun eine rauschende Abfahrt auf zum Teil neu asphaltiertem Straßenbelag bis nach Bagneres-de-Luchon, wo wir im Hotel d´ Etigny unser neues Quartier bezogen.

 

6. Tag: Ruhetag (Alternativ Königsetappe über den Col de Peyresourde (1.569 hm) – Col de Val Louron d´Azet (1.580 hm) – Pla d´Adet (1.590 hm) – Col de Peyresourde (1.569 hm) – Bagneres-de-Luchon)

 

Nachfolgende Teilnehmer bewältigten diese Königsetappe mit insgesamt 108 km und über 3.000 hm:

Hans Bauer – Hans-Günther Bauer – Bernd Uhrmann – Wolfgang Stadler – Günther Meisinger – Andreas Kunkel – Josef Stemplinger – Reinhold Koch

 

Ein Teil der restlichen Teilnehmer begnügte sich mit dem vorgezogenen Anstieg auf Superbagneres (1.800 hm) hinauf mit 18,5 km Anstieg und durchschnittlicher Steigung von 6,3 %.

 

7. Tag: Bagneres-de-Luchon – Col de Menté (1.369 hm) – Col de Portet d´Aspet (1.069 hm) – Col des Arres (797 hm) – Bagneres-de-Luchon

 

Nun war er also da; der letzte Tag einer großartigen Woche. Heute standen noch mal über 2.000 Höhenmeter auf dem Programm. Dabei waren zum Abschluss stellenweise giftige 17 Prozent Steigung zu überwinden. Bis auf drei Fahrer traten alle die bevorstehende „letzte“ Pyrenäenetappe an. Bereits nach 10 Kilometer hatten wir die erste Reifenpanne. Diesmal war Kurt Hackl davon betroffen. Es sollte ihn heute insgesamt noch weitere 4 Mal damit treffen. Das Wetter zeigte sich ebenfalls radlerfreundlich. Es war leicht bewölkt und somit nicht so heiß wie tags zuvor. Es ging in das malerische Garonne-Tal hinein, wo in Saint-Béat der Anstieg zum Col de Menté begann. Auf gerade mal 9,3 km sind rund 850 Höhenmeter zu überwinden. Das bedeutet eine durchschnittliche Steigung von 9,1 %. Und das am Schlusstag! Dementsprechend schwer fiel vielen der heutige erste Anstieg. Nach einer kurzen Abfahrt folgte in der Ortschaft Pont de l´ Oule gleich der nächste schwierige Anstieg. Es waren zwar „nur“ 4,5 km zu bewältigen, aber eben mit stellenweise 17 Prozent Steigung. Dieser Berg war übrigens 1995 Schauplatz eines tragischen Unglücks während der Tour de France. Auf der steilen Abfahrt verunglückte Fabio Casartelli tödlich. An dieser Stelle wurde eine Gedenkplakette in die Steinmauer eingelassen. Zusätzlich wurde etwas weiter oben ein großes Monument aus weißem Stein errichtet. Natürlich war hier pflichtgemäß ein Fototermin angesagt. Bei der Auffahrt gesellte sich noch ein einheimischer Radfahrer dazu. Dieser wollte uns anscheinend zeigen, wie man einen Berg zügig fahren kann. Das war aber nur von kurzer Dauer. Unsere besten zeigten ihm alsbald die Grenzen auf. Nun standen noch zwei kleinere Pässe auf dem Rückweg an. Auf dem Col de Buret nutzte Alfons Dinglreiter die Gunst der Stunde und war als erster oben. Auf dem Col des Arres (797 hm) gab es noch ein abschließendes Kräftemessen in kleinen Gruppen (z.B. Florian, Rainer, Richard oder Andreas, Peter, Bernd und Günther). Gewinner dieser Duelle waren übrigens Andreas und Florian. Hans Bauer und Andreas Kunkel verabschiedeten sich nun vorzeitig von der Truppe. Sie begannen bereits nachmittags mit der Rückfahrt nach Obernzell. Nach der Abfahrt bis nach Chaum teilte sich das Feld in zwei Gruppen, da ein Teil der Fahrer eine kurze Einkehr bevorzugte. Die restlichen 17 km ging es wieder leicht bergauf bis auf Begneres-de-Luchon. Nach der Ankunft wurde sogleich mit dem Verpacken der Räder begonnen.

 

8. Tag: Rückfahrt nach Obernzell

 

Um 10:00 begann die etwas wehmütige Heimfahrt nach Deutschland. Als Resümee blieb eine tolle erlebnisreiche Woche mit dem Bewältigen aller bekannten Pyrenäenpässe der Tour de France, sowie eine sturzfreie Woche aller Teilnehmer. Während der Fahrt hatten wir noch ein kleines Problem mit einem undichten Ventil des Reifens. Ein englischer LKW-Fahrer war uns hier aber sehr hilfreich. Wir hatten nun lediglich auf den restlichen Raststationen den Luftdruck zu überprüfen bzw. aufzufüllen. In Wörth a.d. Isar kurz vor der Ankunft wurde noch eine Frühstückspause eingelegt. Gegen 11:00 erreichten wir schließlich erschöpft aber glücklich wieder den Ausgangsort Obernzell.

 

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